Pastorale Abenteur in Bolivien- Rupertusblatt Artikel

Eine Gute Zusammenfassung unserer Arbeit in Bolivien in der Salzburger Kirchenzeitung Rupertusblatt: Pastorale Abenteur in Bolivien: Wie soll ich mein Kind gut ernähren

Donnerstag, 6. März 2008

III.Heiligenstatue erleidet Martyrium, Cochabamba und Umgebung

Die wie immer sehr netten Franziskaner (diese Reise war ein Konvent- hopping, von einem Konvent zum naechsten), haben einen sehr schoenen und sehr grossen Konvent im Zentrum Cochabambas.
Alle Theologiestudenten des Ordens leben dort. Auch mit meinem Freund Wilson, den ich auf der Reise nach Puerto Suarez kennengelernt habe (siehe Newsletter 3: http://ofmbolivien.blogspot.com/2008/01/m-tag-nach-dem-patrozinium-sind-wir.html)
gab es ein freudiges Wiedersehen.

Noch freudiger waren aber die zwei treffen mit Bernadeth Caero Bustido, die viele von euch kennen werden. Sie hat 13 Jahre in Oesterreich und unserem grossen, ganz nettem Nachbarland im Norden verbracht.
Die letzten Jahre war sie auf der Universitaet in Salzburg, und hat dort unterrichtet waerend sie ihren Doktor gemacht hat. Seit 4 oder 5 Monaten ist sie jetzt wieder in Bolvien und ist hier die erste weibliche Theologiedoktorin und die einzige Professorin. Ein sehr nettes Abendessen haben wir verbracht, und am naechsten Tag bin ich mit ihr und ihrem Vater in den Campo gefahren, um auch hier das Leben am Land ein bischen kennenzulernen.
Wie im Tiefland sind fast alle Haeuser aus Adobe, aus Erde mit Stroh zum binden und getrocknet an der Luft. Adobe Haueser sind etwas ganz eigenartiges. Sie sind aus Erde, scheinen aus der Erde zu wachsen, und werden wieder zu Erde. Adobehaeuser sind immer im Verfallen begriffen, etwas morbides umgibt sie. Selten war mir die Vergaenglichkeit bewusster als im Angesicht eines dieser schon fast ganz verfallenen Adobehaeuser neben einer bald verfallenden Kapelle. Das Haus muss einmal sehr stattlichgewesen sein, vielleicht ein Pfarrhof, noch waren kleine ueberreste von aus lehm geformten verzierungen zu sehen.

Dann kamen wir nach Tarata, eine kleine Stadt mit schoenen Kolonialhaeusern, alle sehr heruntergekommen. Vom riesigen Franziskanerkonvent von Tarata ging einst die Missionierung des Oriente aus. Jetzt leben dort 2 Franziskaner, einer davon ein Junger Slovake, ich kenne Lorenzo von Puerto Suarez. Ein grosser, starker, eigenartiger und ueberwaeltigend lustiger Slovake. Ein Bruder von ihm ist Priester, ein anderer war Box Profi und sitzt jetzt im Gefaengnis, der vierte hat sich von der Russenmafia in die Fremdenlegion gefluechtet.
Der Patron der Kirche des Konvents, der Heilige Serverino wird sehr verehrt von den Cochabambinos, zu tausenden kommen sie zu seinem Fest, dabei ereignete sich letztes Jahr etwas grauenhaftes, etwas ausserordentliches, etwas das viel aussagt ueber die Spiritualitaet Suedamerikas.

Das fest des Heiligen Severino war schon nahe. Da wurde beschlossen, den in einem Glassarg liegenden Heiligen von seinem angestammten Platz in einer Seitenkapelle links des Hauptaltares vor den Hauptaltar zu bringen. Die Franziskaner waren dagegen, aber die Leute wollten ihren Heiligen vor dem Hauptalter, denn, so sagte mir Lorenzo „Er ist den Leuten ja wichtiger als der Diosito (Koseform von Dios)“. Da haben sich die Franziskaner dem willen des glaeubigen Volkes gebaeugt, wohl mit wiederwillen.
Schon war das Fest des Heiligen gekommen. Die Kirche war vollgestopft mit Leuten. Nur ein kleiner Teil der Menge konnte sitzen, viel mehr standen, lehnten sich an die Saeulen, sassen auf den Stufen vor den Seitenkappellen. Und da geschah es, ich weis nicht, wie weit die Messe gerade war. Vielleicht hoerten sie gerade das Wort des Herrn „Kein Stein wird auf dem anderen bleiben“(Mk13,2). Da loest sich aus der hohen Decke ein mehr als faustrosser Stein, er faellt und durchschlaegt des Heiligen Sarg und trifft die Statue zwischen Schulter und Hals und schlaegt eine tiefe Wunde. In der Kirche hat man keinen Laut gehoert. Ich glaube die versammelten Hochlaender haben auf den Untergang dieser Welt gewartet. Als der nicht kam, haben sie den Heiligen schnell wieder an seinem alten Platz gebracht, und dort wird er wohl bleiben, bis das ende dann da ist! Die Beste Katechese ueber den Sinn und Bedeutung der Heiligenverehrung der Welt.

Mit Wilson und Bernadeth habe ich sehr interessante Gespraeche gefuehrt, und ich glaube jetzt verstehe ich Bolivien und die Hochlaender ein bischen besser. Das sie verschlossen sind und die Tieflaender recht offen, scheint auf dem ersten Blick zu stimmen. Aber ich glaube, die Tieflaender sind nur anders verschlossen (sie reden viel, aber man kommt sich nur schwer naeher) und die Hochlaender anders offen. Mit den Tieflaendern verstehe ich mich emotional sehr gut, ich mag sie, wir sind Freunde, es ist lustig. Aber ich tu mir oft so schwer mit ihnen richtig zu reden. Das liegt zu einem grossen Teil am Bildungsmangell, so schade das auch ist. Aber da gibt es wenig austausch (andererseits viel fuer mich zu erzaehlen und oft sind sie auch sehr interessiert).

Daran merkt man wohl auch das Ungleichgewicht in diesem Land (siehe Newsletter 5. politische Spannungen:http://ofmbolivien.blogspot.com/2008/03/bolivien-ein-geteiltes-land-die-lage.html).
Nicht nur die Infrastruktur ist im Osten traumhaft, mit keinen Schlaglocher tiefer als 20cm, auch die Bildung ist viel weiter, und es gibt Touristen. Das erste mal in meinem Leben habe ich mich ueber Touristen gefreut, aber dazu spaeter mehr

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