Pastorale Abenteur in Bolivien- Rupertusblatt Artikel

Eine Gute Zusammenfassung unserer Arbeit in Bolivien in der Salzburger Kirchenzeitung Rupertusblatt: Pastorale Abenteur in Bolivien: Wie soll ich mein Kind gut ernähren

Dienstag, 28. Oktober 2008

Fotos Accion de Gracias


Das alte haus von Juana Putare



Das neue Haus ist fertig und geschmückt



Vor der Einweihung streife ich die Soutane über und stimme die Gitarre



Nach der Lesung beten wir ein Vater unser...



...segnen das Wasser...
...und mit dem Wasser das neue Haus...



..auch die fotografin wird gesegnet.


Dann darf ich den dank entgegennehmen, von Juana...



...und auch von Andrea.




Juana und ihre Kinder, Padre Jesus, Dina und ich vor dem frischgeweihten Haus


Nach einer entspannten fahrt...


...und einem Besuch bei den Klarissinnen...


..werden noch zwei Häuser geweiht, dass von Viriginia...


Und einer Abuelita!

Accion de Gracias

Liebe Freunde und Bekannte!

Vor einem Monat hab ich das so lieb gewonnene Bolivien verlassen. Nach drei Wochen in den Vereinigten Staaten bin ich nun seit bald zwei Wochen wieder in Österreich. Es gäbe noch so vieles zu erzählen. Allerdings will ich das in den persönlichen Begegnungen mit euch nachholen. Für heute bleibt mir nur mich bei euch zu bedanken: für Euer Interesse und eure Unterstützung, mit Gebet und finanziell.

Wenige Tage vor meiner Abreise haben wir eine Messe „en accion de gracias por el voluntario Ruben“ gefeiert. „Accion de gracias“, Danksagung, genau das bedeutet das griechische Wort Eucharistie. So viele Menschen, die ich in den 10 Monaten in Bolivien kennen lernen durfte sind gekommen, und es war wirklich ein Fest.

Am Ende der Messe habe ich mich bei den Menschen bedankt, für alles was sie mir gezeigt und mit mir geteilt haben, und für die Offenheit mit der sie mich aufgenommen haben. Besonders bei drei Personen die für mich in dieser Zeit wichtig waren habe ich mich bedankt, und will mich auch hier noch einmal bedanken.

Bei Padre Andres, der ohne nachzufragen bereit war mich aufzunehmen und mir Freiraum gab meinen Platz in der Gemeinschaft und in der Pfarre San Francisco zu finden. Von ihm habe ich gelernt, dass man den Menschen Raum geben muss ihren Platz zu finden und ihre Talente einzusetzen, auch wenn die Ideen dieses Menschen vielleicht nicht ganz mit den eigenen übereinstimmen.

Bei Padre Jesus, der mich immer Unterstützt hat, mit den nicht immer leichten Ministranten und dann mit der sich ausweitenden Pastoral-Sozialen Arbeit in den Barrios. Er hat mir gezeigt wie sehr man die Menschen lieben kann und soll, und das man nie das Vertrauen in die Menschen verlieren darf. Padre Jesus würde lieber all sein Geld verlieren als das er das Vertrauen in die Menschen verliert. Wirklich ein grosser Mensch, ich wünsche einem jeden, dass er einmal so einen Priester kennen lernen kann. Man wird verändert durch die Begegnung mit einem Menschen, in dem Christus lebt, und nicht mehr (nur)er selbst .

Bei „la profe, la señora, la hermanita la doña,, sobre todo mi amiga“ Dina. Ich habe nicht wirklich gewusst, warum ich nach Bolivien wollte. Ich wollte ein Abenteuer erleben, einen anderen Teil dieser Welt kennen lernen, einmal richtig weg von zuhause usw, sicher, aber,… da war noch mehr. Jetzt weis ich wieso ich nach Bolivien kommen sollte: Um mit Dina zusammen zuarbeiten und mit ihr durch die Barrios und die Comunidades im Campo zu ziehen, um den Menschen zu helfen und ihnen von Christus zu erzählen. Von ihr habe ich gelernt: Wenn ein Mensche dich braucht, musst du für ihn da sein. Du darfst nicht sagen, „ich bin müde, ich hab doch schon 8 Stunden gearbeitet“ oder „das soll besser der da machen oder der Pfarrer, ich kann das nicht“. An uns liegt es! Christus hat uns befreit, wie können wir dann wegeschaun oder vorbeigehen wenn ein Mensch gefangen ist? Gefangen in Armut und einem auswegslos triste scheinendem Leben, verfangen in Familienstreitigkeiten in dem keine Vergebung möglicht scheint; kranke, depressive, einsame, traurige, Menschen, Menschen die die Hoffnung verloren haben und nicht mehr daran glauben können, dass die Welt aus Liebe geschaffen wurde.

Danke Dina, dass du es mir ermöglicht hast für die Menschen da zu sein, das du mir so vertraut hast, das du für mich da warst, danke das du mich zu den Leuten gebracht hast und das du mich immer ermutigt hast etwas neues anzufangen. Du bist wirklich ein neuer Schlauch für den Neuen Wein (=Christus), und machst auch andere Menschen zu Neuen Schläuchen.

Ich schicke euch noch Fotos von der Einweihungsfeier der mit eurer Hilfe gebauten Häusern.

Bitte schreibt mir oder ruft mich an wenn ihr Zeit habt für ein treffen. Ihr habt mich begleitet in diesem Jahr, und ich möchte euch (besser) kennen lernen.

Ruben Weyringer

Sigharstein 24

5202 Neumarkt

Tel: 0676/7511558

So verbleibe in Dankbarkeit und wünsche euch Gottes Segen

Euer Ruben

PS: Ich werde mich noch einmal via newsletter melden. Im Oktober werde ich in Neumarkt einen Vortrag halten, und wenn die Möglichkeit bzw interesse besteht will ich auch in anderen Pfarren bzw Schulen erzählen was in einem so abgelegenen Winkel unserer Welt passiert. Wenn ihr Ideen habt, dann schreibt mir bitte!

Wir haben auch ein grösseres und wichtiges Projekt gestartet in San Ignacio: Für die vielen alleinerziehenden und armen Frauen wollen wir einen „Taller“, eine Werkstatt bauen. Die Frauen werden eine „Microempresa“, eine kleine Firma machen, und dort Schneidern etc... Die Idee ist schon sehr ausgereift, das Grundstueck hat die Pfarre schon und wir haben die Flurbereinigungsarbeiten schon abgeschlossen (das war die „gefährliche Bolivianerin“ im letzten Newsletter, 1,5 ha mit der Machete gereinigt, die Leute sind sehr motiviert und sehr viele haben mitgeholfen).

Die Pläne für den geplanten Komplex sind schon gezeichnet. Ein Kernstück des Baues wird eine Guarderia sein, eine Kindertagesstätte, denn gerade das ist eines der Hauptprobleme: Entweder können viele Mütter wegen der Kinder nicht arbeiten gehen, oder sie lassen die Kinder schon bald nach der Geburt alleine zuhause.

Wenn das Konzept ganz ausgearbeitet ist, werde ich euch davon noch einmal berichten. Der Name des Tallers wird sein „Taller Santa Theresa Benedicta a Cruce, Edith Stein“. Diese Tapfere Heilige und Patronin Europas ist genau die richtige Patronin für dieses Projekt, das helfen will den vielen armen Frauen und Familien eine Existenzgrundlage zu schaffen

Freitag, 18. Juli 2008

Newsletter 10: Rubens Rechenschaft, 30.Juni

Andrea winkt aus ihrem neuenm Haus
Mit Spiel weihen Andrea und Roberto das Haus ein
Jorge hobelt


Liebe Freunde und Bekannte,
Fuenf Monate nach dem Spendenaufruf fuer Doña Virginia ist es an der Zeit erstmals Rechenschaft abzulegen. Eine Detailierte auflistung der Ausgaben werde ich euch nach Bauabschluss senden. Da die Zeit knapp ist beginne ich diese Rechenschaft heute und werde sie naechste Woche weiterfuehren.
Eure Spenden bewegen San Ignacio
Dier ersten Spenden gingen ein am 15. Februar, bis zum 14. Juni beliefen sie sich auf fast 14.000(13.967) US$ bzw 9.204 Euro.
In den 9 Monaten in Bolivien habe ich vieles gelernt, eine der wichtigsten Lektionen: Suche die Leute, denen du helfen kannst, diejenigen die an deine Tuer klopfen und um Geld bitten sind meistens die weniger glaubwuerdigen. Natuerlich bedarf es wie immer pastoraler Umsicht, und bei aller Vorsicht darf man nicht das Vertrauen in die Menschen verlieren (ist das Vertrauen weg, kann und soll man nicht mehr in der pastoral und im sozialen Bereich arbeiten), aber doch ist es wahr: die Aermsten, Kraenksten, Verlassensten suchen dich nicht und bitten dich nicht um Geld, sie schaemen sich oder haben schon aufgegeben, in extremen faellen sich zum sterben hingelegt. Daher heist es rausgehen, in die Barrios, in die Aussenviertel, unter die Plastikplanen, um die Hecken herum, auf die Plaza, die Menschnen kennenlernen, ihnen zuhoeren und ihnen irgendwie neue Hoffnung bringen. Das koennen ein neue Matratzen und Babykleidung sein wie fuer Doña Pabla und Benita, eine Arbeitsmoeglichkeit und Ausbildung, oder einfach die Anwesenheit in schwerer Stunde wie bei Aida. Dazu spaeter mehr, zuerst aber zu dem Hauptprojekt: Haeuser fuer alleinerziehnde Muetter und Grossmuetter
Dina inspiziert die Baustelle von Juana Putare
Durch Eure grosszuegigen Spenden konnten wir ohne Sorgen die Arbeiten an Virginias Haus beginnen (das war ja das urspruengliche Anliegen). Aber nicht nur das, auch fuer 2 weitere alleinerziehende Muetter (das Spanische “Madres abandonadas” ist drastischer und passt besser) und ihre Kinder und fuer einer Familie komplett aber ebenso in groesster Not konnten wir die Bauarbeiten beginnen.
Die Familie sind:
àDoña Virginia, abandonada, 5 Kinder
àDoña Dominga, abandonada, insgesamt 18 Leute, davon 5 ihre Kinder (nur ein varon/Bursche) und 12 Enkel
àDoña Juana Putaré, abandonada, 5 Kinder
àDoña Lorenza Luisa und Gatte, 9 Kinder

Fuer Virginia und Juana sind wir gerade in der letzten Etappe der Bauarbeiten, je ein Haus aus Adobe/Lehmziegel mit zwei Zimmern. Fuer Doña Dominga bauen wir ein Haus mit 3 Zimmern, da es ja eigentlich drei Familien sind bzw. drei Alleinerziehende Muetter wobei die eine Mutter eigentlich eine Alleinerziehne Mutter mas (plus) Doppelt alleinerziehende Grossmutter ist. Verwirrend? Boliviansich? Man soll ja nicht urteilen, jedenfalls keien Ausnahme hier. Von den Albañilen, den Maurermeistern haben zwei auch kein Eigenes Haus. Wir haben den Lohn von 50 auf 60 Bolivianos taeglich erhoet, da ja die Lebensmittelpreise in den letzten Monaten eine ziemlich steile Kurve fahren, nach oben.
Doña Juanas aeltere Soehne machen die Hilfsarbeiten auf der Baustelle, fuer die anderen zwei Baustellen zahlen wir einen Ayudante, Helfer. Zum Glueck haben diese drei Familien ihr eigenes Grundstueck, auch wenn sie noch nicht abbezahlt sind. Die Grundststueckspreise steigen sehr rasch, San Ignacio waechst sehr schnell.
Doña Lorenza hat gar nichts, ausser ihren vielen, sehr sympathischen Kindern und ihrem Gatten, der sich in letzter Zeit “zamreist”. Urspruenglich wollten wir (Dina und ich als Mobiles Einsatzteam) ihr einzig ein Grundstueck besorgen. Als wir sie allerdings vor zwei Wochen besuchten wurde uns klar: muessen weg, brauchen eigenes Haus. Bis jetzt lebten sie in zwei Zimmern mit einer Schwester von Lorenza und ihren +/-8 Kindern und noch ein paar Verwandten. Viel streit, kein Ausweg. Bei einer der aelteren Toechter wurde den Tag zuvor Hapatithis prognostiziert, allerdings fehlte Geld fuer Medikamente. Zuerst also 100 Bs fuer die Behandlung, dann ein Blick von mir nach links, von Dina nach rechts, die Blicke treffen sich und….gehandelt muss werden.
Dina hat auch schon eine Idee: “Mira Ruben, hace dos años….schau Rubén, vor zwei Jahren hat sich Doña Nieve (Schnee) in userem Barrio El Bisito del Divino Niño ein Haus gebaut. Es war gerade fertig, da wurde im Monte, im Wald einer von 5 Forsterarbeitern getoet, Nieves Mann war einer der vier Ueberlebenden, also einer der vier Verdaechtigen. Nieve und ihr Mann haben zu Mitternacht an meine Tuer geklopft, ich hab mich ein bsichen geschreckt, dann hab ich ihn angeschaut, und glaub mir, er war es nicht. Aber so verschreckt,…sie sind jetzt irgendwo bei San Jose de Chiquitos, keiner weis wo, die naechsten zwei drei Jahre werden sie nicht zurueckkommen koennen. Zahlen wir alles, was sie fuer das Haus ausgegeben haben an FUC, wenn sie wiederkommen dann geben wir ihnen ein neues Grundstueck. Das Haus steht steht leer, fehlen nur die Tueren, geben wir es Lorenza,”. 8800 Bs gezahlt, 800 Euros, Lorenza abgeholt und zum Haus gebracht. Wir haben ihr das Haus gezeigt und gefragt ob es ihr gefaellt, “Ja, sehr schoen” –“Bueno, dann soll es deines sein”. Eine so grosse Freude hat ein bischen Schock-wirkung, in zukunft werden wir wohl die Leute besser darauf vorbereiten muessen. Sie war wirklich sprachlos. Danke an Euch alle. Den dank nehme hier ich entgegen, aber er ist an euch gerichtet.
Das Material belaeuft sich pro Baustelle auf +/- 2000 Euro, am teuersten ist das Holz (das gewinnbringend exportiert wird und daher auch hier trotz ueberfulss teuer ist), 1000 bis 1200 US$ pro Baustelle. Auch das Baumaterial hat sich sehr verteuert, erstens wegen dem Bauboom in San Ignacio, zweitens wohl wegen der weltweiten Lebensmittel und Erdoelkrise, die sich ja auf fast alles auswirkt ausser unser Seelenheil. Die Rechnungen habe ich alle gesammelt und werde sie sobald mehr Zeit ist auflisten.

Letzte Woche haben wir endlich ein guenstiges Angebot fuer drei Grundstuecke bekommen, besonders fuer die Familie von Juana Ayala brauchen wir unbedingt einen Platz, da sie mit ihren neun Kindern und drei Enkeln ende Juli auf die Strasse gesetzt wird. Zumindest koennten sie sich auf diesem Grundstueck (10 X30 m) eine Holzhuette aufstellen bis wir ihr helfen koennen ein Haus aus Adobe zu bauen. Die Geldmittel reichen derzeit nicht, eines dieser Grundstueck kostet knapp 500 Euro (5400 BS), auch die zwei weiteren Familien brauchen dringend hilfe, Doña Sara und Doña Anna. Fuer weitere Spenden bin ich (im Namen aller denen geholfen werden kann) sehr dankbar!
Kontonummer: 3207222
BLZ: 34400
Raiffeisenb. Ottnan-Wolfsegg BST. Ottnang
Empfaenger: Bruder Andreas Missionsarbeit Bolivien
Kennwort: Hilfe Madres abandonadas


Danke fuer die nicht an die Baustellen zweckgebundenen Spenden. Neben den drei Baustellen und einem fertigen Haus konnten wir durch eure Spenden noch vielen weiteren Familien helfen, besonders in medizinischen Notfaellen konnten wir vielen Familien helfen. Die armen Einwohner San Ignacios gehen nicht zum Artzt, denn schon die Untesuchung kostet mindestens 50 Bs, wenn man 7 Kinder hat und 500Bs im Monat verdient eine gewaltige Summe. Schnittwunden, Ausschlaege, Krankenheiten innere Leiden, mit Natuerheilmitteln und abwarten laest sich einiges loesen, doch oft nicht gut oder… gar nicht. Daher brachten wir kleine Maedchen mit Ausschlaegen zum Doktor (Sarita) , kleine Jungs die in den Stacheldraht gefallen waren zum Naehen (Juanito) , Schwangere Frauen zur Untersuchung (Aida), kranke Abuelos zum aufpaeppeln (Don Pinto). Und ueber jede dieser und vieler weiterer Namen gibt es viel zu erzaehlen. Eine Geschichte beginne ich heute, die fuehrt uns aber gleich zur naechsten und dann soll es naechste Woche weitergehen mit der Rechenschaft wenn es heist: Rubens wirklich wilde Verfolgungsjagd und weitere Abenteuer, heute Aber:

Doña Rosa wird vergessen und wiedergefunden

Erstmals begegneten wir Doña Rosa im Krankenhaus kurz vor Mitternacht. Dina war schon im (eckigen) Kreissaal, hielt Aida die Hand und stand ihr und dem kleinen Ruben, der in einer Stunde auf die Welt kommen sollte bei, mit Gebet, Wort und Tat. Ich wartete vor der Tuer und ging auf und ab, das Jesusgebet im Herzen. Ein bischen nervoes. Aida hatten wir bei einem besuch im Barrio Santa Rosita kennengelernt, hochschwanger und ganz allein. Von ihren 6 Kindern sind 3 (sic!) gestorben, der Vater der Kinder hat Aida geschlagen und endlich verlassen. Man darf niemanden alleine lassen, der deine hilfe braucht, dass habe ich in Bolivien gelernt. Also, zuerst Aida zum Artzt gebracht, sie hatte schlimme Schmerzen, zum Glueck alles in Ordnung, dann versichert: ist es so weit, lass uns rufen, wir bringen dich zum Krankenhaus. Am naechsten Tag war es schon so weit. Aida y bebe Ruben
Allerdings war es schon 22:00 Uhr und ich in Santa Maria del Camino, dort war eine Nachtwache angesetzt bis Mitternacht. Um diese Zeit so weit vor der Stadt ein Mototaxi? Keine Chance, also im laufschritt die drei Kilometer zum Krankenhaus. Dina war schon dort, Aida schon schon fast so weit! Also warten, auf und abgehen und beten vor dem Kreissaal. Eine gut Vierzigjaehrige blickte aus ihrem Zimmer, im Krankenmantel, zersaustes Haar. So beteten wir also gemeinsam den Rosenkranz, Doña Rosa und ich. Um 01:30 brachte Aida ihren Sohn auf die Welt, und nannte ihn Ruben, eine grosse Ehre und Verantwortung fuer mich. Alleine unsere Gegenwart hat ihr so viel Mut und Hoffnung gegeben, dass sie dem Kind meinen Namen gibt. Ueber Aida mehr im naechsten Newsletter. Ruben y Ruben
Doña Rosa habe ich schnell vergessen, zwei Wochen spaeter allerdings trafen wir sie wieder-immer noch im Krankenhaus.
Sie begann zu weinen: Doña Rosas Geschichte: Sie hatte Blinddarm probleme, ihr Ehemann sparte sich alles Geld zusammen und sie wurde operiert, in San Jose de Chiquitos, ohne Narkose. Es gab komplikationen, um Mitternacht fuhren sie los um sie nach San Ignacio zu bringen, vier Stunden im Auto mit offenem Bauch. Fast waere sie gestorben, in San Ignacio Notoperoert ueberlebte sie. Ihr Mann allerdings musste zurueck um Geld aufzutreiben, 2500 Bs fehlten, drei Monatsgehaelter. Und nun kam er nicht mehr zurueck, seit Zwei Wochen war er verschwunden. Doña Rosa, war tief traurig, so weit weg von ihren vielen Kindern, von ihrem Ehemann in einer so schweren Stunde verraten und verlassen. Und Jeden Tag stiegen die Kosten. Bittere Traenen weinte sie.
Helfen mussten wir ihr, 2500 BS sind allerdings eine betraechtliche Summe, also gingen wir zum gefuerchteten, dickwanstigen Dr.XXX (man soll nicht schlecht reden ueber andere Leute). Dina hatte das Kreuz ihres Rosenkranzes fest in der Hand, und wirklich, sein Herz war Doña Rosas Geschichte nicht gewachsen und wurde weich. Fehlten noch 1200 Bs, die durch eure Spenden gezahlt wurden. „Doña Rosa, packen sie ihre Sachen, wir bringen sie zur Flota“-„¿Verdad?.......“ eine kleine Freudentraene in ihrem Augenwinkel. So brachten wir sie zur Flota die sie zu ihren Lieben bringen sollte. Sie war ein wenig gluecklich, allerdings sass er noch tief der schmerz, verlassen nach so vielen Jahren in einer so schlimmen Situation....
Ich spazierte also Heim zum Konvent, etwas beschwingt,....nach wenigen Minuten wurde ich gerufen. Ein kraeftiger, langhaariger Mann schaute mich an: „me dijeron que Usted se llevó mi señora ...sie haben mir gesagt, das sie sich meine Señora mitgenommen haben!...“ Ich war schockiert und geruehrt und konnte nur eines tun, Doña Rosas Mann umarmen, .... Auf dem Weg zur Flota erfuhr ich: „ Zwei Wochen lang habe ich alles Geld zusammengekratz, alle meine Freunde gefragt, meinen arbeitsgeber um einen vorschuss angefleht, hier bin ich um meine liebe Frau zu holen,.... Gerade kam ich im Krankenhaus an und sie sagten mir: Nein, die ist nicht mehr da, zwei von der Parroquia San Francisco haben sie mitgenommen....“ ---„Ja, wir haben sie so verlassen gefunden, und so haben wir die Rechnung bezahlt, der Doktor hat sein Honorar gekuerzt, und....wenn sie etwas zurueckzahlen wollen, dann tun sie es, ich nehme das dann aber als Spende von ihnen....“ . Freudig gab er mir Tausend Bolivianos. Er selbst wurde als Waisenkind in einem von einem Oesterreichischen Franziskaner, Padre Alfredo, gegruendeten Waisenhaus aufgezogen (aehnlich SOS Kinderdorf).
Doña Rosa sass noch im Wartezimmer, redete mit einer anderen Doña, „Doña Rosa, ich habe eine Ueberraschung fuer sie“—„Ja was....“ Da kam er um die Ecke, sie vielen sich in die Arme und kuessten sich. „Ich habe dich so vermisst, ich war so alleine, ich hatte Angst du haettest mich vergessen...“-„niemals vergesse ich dich.....“. Erinnert ihr euch an die TV Show „Verzeih mir“? das war ein „Verzeih mir“ Moment! Wahnsinn. So etwas schoenes habe ich selten erlebt in meinem leben. So eine Freude, so eine Gnade. Wir haben ihr im richtigen Moment geholfen, und ihr Mann ist im richtigen Moment wiedergekommen. Sie haben sich viele Schulden gespart und wir haben einem Dr.XXX die Chance gegeben seine gute Seite zu zeigen. Und mit einer tiefen inneren Freude umarmte ich die beiden und lief los zum Konvent San Francisco, geloest und gluecklich, bereit fuer neue Abenteur. Die Flota nach San Jose de Chiquitos fuhr gen Sonnenuntergang, die Vesperglocke Leutete schon. Panta en Sophia Epoiesas.

Bis zum naechsten mal
Euer Ruben

Donnerstag, 17. Juli 2008

Newsletter 9: Aus Holzhuette mit Plastikplane wird ein Palast, 5. Mai

Liebe Freunde und Bekannte!
Die letzten zwei Tage ware stark, intensive, lustige, schoen, traurige und spannende. Was in den zwei Monaten zuvor passiert ist muss ich wohl ein anderes mal erzaehlen. Diesmal erzaehl ich euch von gestern und vorgestern (29. und 30 Mai) und sende euch einen Artikel, den ich fuer den Franziskanerkalender geschrieben habe.

Zuerst moechte ich mich aber ganz herzlich bei all den groszuegigen Spendern bedanken. VIELEN DANK. Es sind gut 12.000 Dollar gespendet worden. Mit diesem Geld konenn wir nicht nur Doña Virginia und ihren Lieben ein Heim schenken, sondern auch noch drei weiteren Familien. Von einer dieser Familien werde ich euch etwas weiter unten erzaehlen, von Doña Juana Putare.
Zur Zeit sind wir noch auf der Suche nach 4 Grundstuecken, den es gibt noch soviele Familien denen geholfen werden muss. Wir hatten die Grundstuecke schon fast sicher, als die Alcaldia, die Stadtregierung, kurz vor Abschluss bemerkt hat, dass ihnen die Grundstuecke nicht gehoeren.
Diesen Familien werden wir nicht ein Haus bauen koennen, aber sie selbst werden sicheine Huette oder Haeuschen bauen, die ihnen selbst gehoert.
Durch eine grosszuegige spende von 1000 Euro die ich “auch fuer andere Notfaelle” verwenden darf, haben wir auch einigen der Aermsten helfen koennen. Der hochschwangeren Pabla, nicht nur arm sondern auch mit starkenpsychischen Problemen, haben wir zB. zwei Matratzen, Decken, Polster Kleidung fuer sie und ihre Kinder geschenkt. Sie hat zwei Kinder verloren, eines ist verhungert (sie hatte es so lange alleine gelassen), ein anderes ertunken in einem Wasserbehaelter. Die Huette ist die aermlichste, die ich bis jetzt gesehen habe. Zumindest koennen sie jetzt gut schlafen. Wir haben sie entdeckt, als wir William gesucht haben, der als Hilfsarbeiter auf unseren Baustellen helfen wird. Weiter unten werdet ihr von ihm hoeren.
Ich konnte mich bei den meisten Spendern leider nicht persoenlich bedanken, da ich keine email Adresse finden konnte! Bitte schreibt mir, sodass ich euch antworten kann. Im naechsten Newsletter werde ich auch eine erste Abrechnung und schoene Fotos der Bauarbeiten schicken.
Danke, dass ihr es moeglich macht diesen Menschen neue Hoffnung zu schenken.

Wie eine Heldin aus der Vorzeit

Maria Tomicha, Maria Edina und Ruben

Als ich vorgestern Dina um 11:30 nachhause brachte, da dachte ich mir: jetzt koenntest du doch wieder einmal Doña Maria Tomicha und ihre behinderte Tochter Maria Edina besuchen. Aber nein, ich hatte ja meine Gitarre nicht dabei, und Edina will immer singen, ich besuch sie ein anderes mal.
Maria und ihre Toechter waren die ersten in Bolivien, zu denen ich mich innerlich tief verbunden und fuer die ich mich verantwortlich gefuehlt habe. Einer der ersten pastoralen Besuche fuehrte uns in den hintersten Winkel des Barrios San Antonio zu Maria, ihren Toechtern Maria Edina und Karin und ihrem Enkel Claudia, die sie gemeinsam mit ihren Kindern aufgezogen hat. Maria Edina, 23, hat seit Geburt an Epileptische anfaelle und ist geistig und koerperlich ein kleines Kind geblieben. Als ich sie das erste mal besuchte war sie gerade gestuerzt, ihre Stirn hat geblutet und sie hat bitterlich geweint. Wir wollte sie troesten, aber erst als ich auf der Geige zu spielen begann verwandelte sich ihr grosses weinen in ein kleines laecheln. La Cucaracha gefiel ihr schon, bei Stille Nacht begann sie “Noche de Paz” zu singen und war gluecklich. Sie tut sich schwer beim reden, aber die Lieder kennt sie fast alle ausewendig aus dem Radio Juan XXIII. Als Maria Edina beruhigt war, begannen wir mit der Mutter zu reden. Seit acht Jahre schon war sie schwer krank, vor allem mit dem Herz hatte sie Probleme, einen grossen Tumor glaube ich neben dem Herzen. 53 Jahre alt, sehr duenn, und schwach, aber schoene Augen, tiefe Augen und viel Guete in ihrer ganzen Ausstrahlung. Von da an begann ich die Familie regelmaessig zu besuchen, mit Edina zu singen, einen Café zu trinken mit ihre Mutter und mit Karin, zu reden, beten und auch materielle etwas zu helfen. Maria Edina bat mich auch immer um kleine Geschenke, einen Weihnachtsstern wollte sie unbedingt, und er machte ihr dann grosse Freude . Manchmal waren auch die Brueder da. Maria hat 4 Kinder aus einer ersten Beziehung, auch der Vater von Edina und Karin hatte schon 4 Kinder. Als sie sich kennenlernten war er schon an die 40, sie ein bischen ueber zwanzig. Ein alter Mann ist er nun mit 73 Jahren. Nicht gross, duenn, recht dunkel und ein sehr interessantes Gesicht mit grossen dunklen Flecken. Er arbeitet noch immer weit weg von zuhause, kommt alle paar Wochen nach Hause.
Ich fuhr also zurueck in den Konvent, nach der Sext und Mittagessen machte ich eine halbe Stunde Siesta in der Haengematte, die ich mir in meinem Zimmer aufgespannt habe. Als ich aufwachte wollte ich meine Gitarre einpacken fuer die Besuch diesen Nachmittag in den Barrios. Doch zum ersten mal in den sieben Monaten die ich hier bin war eine Seite gerissen. Doña Maria und Edina waren dier ersten gewesen, mit denen ich gespielt und gesungen hatte.
Dina kam mir entgegen breitet ihre arme aus und sagte mir: Heute um halb zwoelf ist Maria Tomicha gestorben
Begraebniss von Maria Tomicha, im Lila Pullover Maria Edina


Von Doña Maria habe ich viel gelernt, besonders ueber den Glauben, Mut, Hoffnung, Treue und Verantwortung. Sie hat mir einmal gesagt: “Es gibt nur einen Grund dafuer dass ich noch lebe, Maria Edina braucht noch. Ich muss mich um sie kuemmern, wer kuemmert sich denn sonst um sie…”. Und sie, ein Frau gepraegt von Krankheit und Schwachheit, Armut (Die grosse Madre Angela, eine Halleiner Schulschwester, hat ihnen ein gutes Haus gebaut, vorher lebten sie unter einer Plastikplane) und Leid, sie stand so fest im Glauben und der Hoffnung.
Einige Stunden vor ihrem Hinscheiden vorgestern dem 29.April umd 11:30, ·”stand sie unter grossen schmerzen auf, kniete sich auf den nachkten Boden und neigte tief ihr Haupt. Sie hat um Vergebung gebetet, und hat um Verzeihung ihrer Suenden gebittet. Ich hab sie dann aufgehoben, sie konnte kaum noch liegen. Sie hat mir gesagt: kuemmere dich um Edina, hab Geduld mit ihr, kuemmere dich um deine kleine Schwester Karin und um Claudia. Du musst immer viel Geduld mit ihnen haben. Dann hat sie nach ihren anderen Soehnen gefragt die noch in Santa Cruz waren, in ihren letzten Worten bat sie darum, ihre Soehne noch einmal zu sehen.” erzaehlte mir ihre aelteste Tochter. Ihr letzten Gedanken galten Gott und ihrer Familie.
Am selben Abend war ich bis um 2 Uhr frueh bei der Totenwache. Mir war, als wuerde sie laecheln. Wie auf einem Heiligen Bild lag sie da, die Haende gefalten, das Bett mit Blumen und Kerzen umkraenzt, ueber dem Bett ein Grosses schwarzes Tuch und ein grosser alter Rosenkranz mit einem schoenen Kruzifix. Ein tapferer Mensch hat sein Ziel erreicht. Padre Jesus: “Así mueren los justos”, so sterben die Gerechten.

Lustige Totenwache

Im uebrigen sind die Totenwachen in Bolivien viel lustiger als die Feiern. Eine bolivianische feier ist naemlich das aetzend-moeglichste. Die Leute sitzen in einem grossen Sesselkrei und warten darauf, dass irgendwas passiert. Meistens, dass etwas zu essen serviert wird. Eine Feier gilt dann als gelungen, wenn nichts geredet werden kann weil die Musikanlage so laut mittelmaessige(wenn man Glueck hat) Musik spielt. Manchmal betrinken sich die Leute stark, dann ist es fuer diejenigen selbst ein bischen lustiger. Bei einer Totenwache allerdings, da ist es klass. Gestern waren zwei gute Gitaristen da und haben stundenlang gespielt und gesungen, die anderen sind zusammengesessen und haben geredet, Geschichten erzaehlt, was getrunken. Das war bis jetzt der geseligste Abend, den ich in Bolivien verbracht habe. Und der Mittelpunkt war die Verstorbene, die dalag wie eine Heldin aus der Vorzeit im daemrigen Kerzenlicht, bei einem starken Sur, einem Wind von der unerforschten Antarktis kommend.

Geteiltes B(r)ett ist halb so hart

Am naechsten Tag, nach dem Begraebniss von Doña Maria, war ich bereit fuer ein weiteres Abenteur. Ich habe ja schon einiges gesehen und viele arme Familien besucht. Aber wie ist es wirklich in einer kleinen Holzhuette mit blauer Plastikplane ueberdeckt, zusammen mit 10 anderen zu schlafen? “Dina, ich moechte so gerne einmal bei den Menschen in ihren Huetten schlafen, wenn ich das nicht kennenlerne, dann weis ich ja nie wie es ihnen wirklich geht und werde sie nie verstehen koennen.”-“Dann machen wir es einfach, besuchen wir am Abend ein paar Familien, und dann wenn es schon spaet ist bitten wir um Herberge (“Posada”, das ist das Wort fuer die Herbergssuche von Jose und Maria)”. Sprachs und schon waren wir des Nachts unterwegs, Dina mit Haube und Poncho, weil der Sur so kalte Luft gebracht hatte. Zuerst besuchten wir Goldi und ihre Familie, gute Freunde und tapfere mitstreiter fuer Familias Unidas con Cristo. In drei Betten verteilt Goldi und ihre 7 Kinder. Wenn es kalt ist, legen sich die Leute bald zum schlafen nieder. Schoen gemuetlich wars in Goldis Adobehutte, von den vielen Kindern gut aufgewaermt. Hier lies sichs ganz gut schlafen, dachte ich mir.
Doch noch war unser Ziel nicht erreicht.

Juanito und Ruben teilen sich Schlafgelegenheit


in der frueh kommt die kleine Andrea dazu

Das hintereste Haus in San Antonio war unsere Destination, 22 Uhr war es schon.Die Holzhuette mit Plastikplanendach von Juana Putare, sie selbst wusste noch nichts davon. Strom und Wasser gibts dort noch nicht, die Huette selbst unter Tags schoen lichtdurchflutet, aber nicht etwa wegen vieler schoener Fenster, Nein, die grossen Ritzen und Loecher in den alten Holzplanken sorgen fuer die Beleuchtung. Vor fuenf Jahren hat sich Juana endlich getrennt von dem Vater ihrer Acht Kinder, nachdem er sie Jahre lang misshandelt hatte und mehr und mehr dem Alkohol verfiel. Sechs Kinder leben noch mit ihr. Bett und Matraze haben sie nur eines, dort schlaeft Juana mit zwei, manchmal drei Kindern, die anderen schlafen auf einem mit Karton ueberdeckten Brett, von Ziegelsteinen ein bischen erhoeht. Stockdunkel, nicht eine Kerze. “Doña Juana” rief die liebe Dina, und nach kurzer Stille begann es sich ein bischen zu regen in der Huette.
und schliesslich noch Goldis Zwillinge

Goldis Zwillinge besuchen uns und bestaunen Gringo

Wir baten um Herberge und sie wurde uns gewaehrt. Eine kleine Kerze wurde angezuendet, und wir setzten uns in die gut durchlueftete Huette. Die Kinder wachten gar nicht auf. So redeten wir eine halbe Stunde, dann kam Jorge, 16 Jahre, heim von seiner Arbeit als Kleinebrotlaibchenformer. Dina war schon muede, und so begleitete er sie nach hause.
San Antonia kann recht gefaehrlich sein in der Nacht. Letzte Woche haben sie Dina einmal des Nachts gerufen, weil eine Gruppe junger halbstarker Burschen ein voellig betrunkenes Maedchen aus dem Campo vergewaltigten. Als sie ankame mit ihrem Mann Carlos, hatten einige Frauen mit schweren Holzpfosten die halbstarken schon vertrieben…nur um dann mit einer Gefaengnissstrafe bedroht zu werden, weil sie ja Gewalt anwendeten. Das ist bolivianische Justiz.
Im Nebenbett ist Rosa Maria aufgewacht
So war ich nun alleine mit Juana und ihren 5 schlafenden Kindern, wir redeten noch laenger. Denn selben Tag haben die Arbeiten am Fundament des Hauses begonnen, dass wir ihr mit euren Spenden bauen koennen. “Die Kinder sind so froehlich und gluecklich, besonders die groesseren machen sich schon nicht mehr soviele Sorgen, weil wir jetzt bald ein richtiges Haus haben” sagte sie mir. Dann schlief ich ruhig in meinem Kapuzensweater und einer Fleecejacke, in einem kleinen Schlafsack unter einem als Moskitonetz auf gespannten Leintuch ein. Mein B(r)ett teilte ich mir Juanito, 10.
Schoen war es die Kinder atmen zu hoeren, Wind ging keiner mehr, dafuer hoerte man ein paar Tiere aus dem Monte (Wald). Viele Jahre habe ich mir mein Zimmer mit meinem grossen Bruder geteilt, jetzt spuerte ich erst wie sehr ich dass vermisse, was fuer eine Geborgenheit und Sicherheit einem die naehe guter Menschen gibt. Ich hatte gedacht, ich wuerde leiden diese Nacht, kaelte und haerte und bittere Armut. Aber so gut geschlafen habe ich lange nicht. Die Armut will ich nicht runterspielen, dafuer hat sich fuer mich unser “Konfort” relativier, der vielen Menschen nichts als Einsamkeit bringt.



Am naechsten Morgen wurde ich geweckt, als sich die kleine Andrea zu uns unter das aufgespannte Leintuch legte, sie schmiegte sich an ihren ein bischen aelteren Bruder, dann kamen die kleinen Zwillinge von Goldi. Jeden morgen um sechs sind sie schon da um mit den anderen Kindern zu spielen. Was fuer aufgeweckte Kinder, ohne Angst, mit viel Freiheit. Juana musste zur Arbeit. Ich und die Kinder sprachen ein Morgengebet und dann sangen wir viele Lieder, spielten Murmeln, suchten die richtigen Pflanzen um einen neuen Besen zu machen, schossen mit der Steinschleuder auf unbewegliche Ziele, obwohl sie mit ihren Fertigkeiten auch Libellen traefen. Dann war das Fruehstueck fertig, Tee, Milch, Brot und Kuerbis. Ich war gluecklich.
Eines merke ich immer deutlicher: Man bekommt viel mehr zurueck als man geben kann. Man bringt ein kleines Opfer und bekommt dafuer fuer einen Moment grosses inneres Glueck geschenkt. Fuer diese Nacht und diesen Morgen bin ich sehr dankbar.

Ein verhinderter Freiwilliger…

Der Artikel fuer den Franziskanerkalender:
Aus Holzhuette mit Plastikplane wird ein Palast

Bolivien ist wegen der grossen Spaltung innerhalb der Bevoelkerung und der politischen Spannung ein grosses Thema in den Medien. Die einzelnen Menschen und Familien, ihr Leben und Schicksal hat damit denkbar wenig zu tun. Ich habe das grosse Glueck ein Jahr als Freiwilliger in einem bolivianischen Franziskanerkonvent leben zu duerfen. Von meinen Erlebnissen in der pastoralen Arbeit will ich etwas erzaehlen.
Ein verhinderter Freiwilliger…
Nach dem letzten Semester des Biologiestudiums war der Zeitpunkt gekommen einen lang gehegten Wunsch zu erfuellen. Ein Jahr im Herzen Suedamerikas zu leben, ein Jahr als Voluntaer, ein “Jahr in der Mission”, wie es einmal hiess. Schon nach der Matura hatte ich mich danach gesehnt. “Zu gefaehrlich, zu hohe Verantwortung fuer uns” sagte mir die grosse, letztes Jahr verstorbenen Kolumbienmissionarin Schwester Herlinde Moises. “Wir brauchen Leute die eine praktische Ausbildung haben, zum Brunnen bauen und so” kam es freundschaftlich abweisend aus dem trockenen Norden Brasiliens.
Sechs Jahre spaeter war es aber so weit, ein Anruf in der Dioezesankomission fuer Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit, und schneller als mir lieb war, es war ja doch nur “nur so eine Idee”, war es ausgemacht. Unbuerokratisch wurde mir gesagt: “Vor ein Paar Jahren waren wir in unserer Partnerdioezese San Ignacio Velasco im bolivianischen Tiefland. Die Franziskaner hab ich kennen gelernt, die sind nett und sehr aktiv und sehr kreativ und machen viel fuer die Leute. Da waerst du gut aufgehoben, ich schreib ihnen mal und frag nach. Der Guardian ist noch dazu ein Oestereicher”.
Nach einer Woche kam das O.K. aus Bolivien, ein paar Wochen mehr, und der Flug war gebucht.
Eine schoene Ueberraschung war auch, dass ein Sozialeinsatz bei einer kirchlichen Institution mit monatlich 100 Euro von der Dioezese Salzburg gefoerdert wird.

…kommt an sein Ziel

Will man in Bolivien ein Abenteur erleben muss man nicht Klippen- oder Falschirmspringen. Es genuegt in eine Flota, einen Reisebus (Zuege gibt es in Suedamerika so gut wie nicht) zu steigen. Die asphaltierten Strassen sind rar, dafuer sehr verbreitet halbe Meter tiefe Schlagloecher, und Buse ohne Fensterscheiben und Bremse.Bei meiner esten Fahrt hatte ich noch Glueck, Padre Andres (Andreas Holl OFM) der Guardian des Konvents San Francisco in dem ich leben sollte, wartete auf mich am Flughafen. Nach zwei Tagen rast in der Tiefalnd Metropole Santa Cruz, und einem Tag in unserem weissen, Paloma, Taube, genannten Truck war ich angekommen. San Ignaco Velasco, eine der Alten Jesuiten Reduccionen. Nach dem die Jesuiten 1767 verbannt wurden lange Zeit dahin marodierend, bis 1930 Franziskaner aus Oesterreich und Bayern kamen um die Mission wieder aufzubauen, fuer 10 Monate sollte ich dabei also mithelfen.

Mein erster Eindruck war ueberwaeltigend. Waren es zuerst die wunderschoenen barocken Jesuitenkirchen von San Xavier und Concepcion die mich auf dem Hinweg ins Staunen versetzten, so war es dann die ueberwaeltigende Lebhaftigkeit in unserer Pfarre.

San Ignacio
ist sehr schnell gewachsen in den letzten Jahrzehnten, daher wurde vor bald 20 Jahren San Francisco als zweite Pfarre gegruendet. Fuenf Franziskaner leben dort. Die Pfarre ist gross, 9 Barrios (Viertel) und 13 Comunidades im Campo, kleine Doerfer im endlosen Wald rund um San Ignacio verstreut.
Jedes Dorf wird einmal im Monat besucht. Kleine Doerfer mit vielen Kindern und Tieren, keinen Autos und keine Elektrizitaet.Die erste Heilige Messe im Campo hat sich mir tief eingepraegt. Bei Kerzenschein, und dem ersten Regen nach fuenf Monaten, bei einer Geraeuschkulisse von Voegeln und anderen Tieren, mit einer kleinen Schar Bolivianer in einer Kapelle im Herzen Suedamerikas von hunderten Kilomtern Wald umgeben, versammelt um Eucharistie zu feiern. Wahrlich romantisch. Aber nur fuer mich und Andres musste ich lernen. Die Menschen ohne Elektrizitaet sehnen sich nach Neonroehren. Schon merkte ich wieviel ich noch zu lernen haette, um die Menschen hier zu verstehen.

Gottesmutter und Lieblingsjuenger rennen um die Wette

Eine erste Aufgabe war fuer mich schnell gefunden.”Die Ministranten sind schon lange ohne Fuehrung und die Gruppe muss wieder neu aufgebaut werden” hatte mir Hermano (Bruder) Andres geschrieben. Mit einem dutzend Jahre Ministriererfahrung, Talar und Rochette im Gepaeck war ich dafuer gut vorbereitet. Und in dem 79 jaerhigen Spanier Padre Jesus fand ich auch einen begeisterten Mitstreiter auf dem Weg zu einer funktionierenden und treuen Ministrantengruppe. Jesus war der erste Pfarrer von San Francisco, einen so ideenreichen, spontanen, liebevollen, manchmal auch positiv unberechenbaren Menschen trifft man selten.
In den sieben Monaten mit den Minis habe ich nun schon viel schoenes erlebt, aber auch einiges zu kaempfen gehabt. So aufgeweckt, sympathisch und cariñoso (zaertlich, also Zuneigung gebend und suchend) sie sind, so schwer ist es ihnen Puenktlichkeit und Ruhe in der Messe beizubringen. Aber wir sind schon sehr weit gekommen und sind eine gute, zusammenhaltende recht grosse Gruppe geworden. Jeden Abend beten wir zuerst den Rosenkranz vor, und assistieren dann bei der Heiligen Messe.
Ein besonderes Erlebniss war die Karwoche mit all den stundenlangen Prozessionen. Ein besonders spannender Brauch findet nach dem Auferstehungsgottesdienst statt: ein Wettrennen zwischen Maria und Johannes, dem Lieblingsjuenger. Drei Prozessionen, die Frauen mit Maria und die Maenner mit Johannes (der doppelt soviel wiegt) auf den Schultern machen einen grossen Halbkreis , der Auferstande geht gerade aus. Wer erreicht ihn zuerst? Wir Maenner haben gewonnen, dieses Jahr zumindest, die Frauen sinnen schon auf Revanche.

Ein Mensch mit weisem Herzen

Bald lernte ich Doña Dina kennen. Wenn ich einmal in meinem Leben jemanden kennen gelernt habe, der die “Weisheit des Herzens” hat, dann ist es sie. Sie weis intuitiv was zu tun ist um den Menschen zu helfen. Und sie nimmt das Herrenwort aus Johannes 17,12 ernst, auch fuer uns und unsere Aufgabe: “Ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ging verloren”. Das wir das auch einmal sagen koennen, dafuer kaempft sie. Dieser Kampf ist nur dann nicht aussichtlos, wenn man sich immer bewusst ist, dass wir nicht die Menschen retten koennen. Wir koennen ihnen materiell helfen um die schlimmste Not zu lindern und etwas neues aufzubauen, vor allem aber koennen wir ihnen den (naeher)bringen, der sie wirklich retten wird.

Dina ist die Leiterin von Familias Unidas con Cristo (FUC), der Teil der Pfarre, der fuer die Soziale Arbeit zustaendig ist. Dina kaempft seit beginn der Pfarre fuer die vielen Armen, fuer die zahllosen alleinerziehenden Muetter, die Alten ohne Bleibe, fuer Familien ohne Heim. Ein beeindruckender Mensch.
Ein groesses Projekte von FUC ist Patenschaftsprojekt fuer Kinder. Ist ein Padrino, Pate, gefunden, bekommt das Kind bzw. die Familie Unterstuetzung in Form von Schulmaterial, Lebensmitteln und aehnlichem. Alle Projekte sind aber auf Eigeninitiative ausgelegt, daher muessen die Kinder als Gegenleistung in der Pfarre Mitarbeiten. Viele Spielen in unserem Orchester und Chor, oder sind in einer der verschiedenen Jugengruppen, es gibt gemeinsame Ausfluege und Katechesen.
Ein anderes grosses Projekte der Pfarre ist das Barrio “El Bisito”. Mit Spendengeldern konnten wir Grundstuecke fuer 40 Familien kaufen. Die aermsten Familien bekommen dort die Moeglichkeit sich ein Haus zu bauen und in einer guten Gemeinschaft zu leben, die zusammenhaelt und so immer mehr zu Fammilas Unidas con Cristo, Familien vereint mit Christus, zu werden . Aber auch sie muessen Eigeninitiative zeigen, etwa die Adobes, Lehmziegel herstellen, und die Hilfsarbeiten auf der Baustelle machen.
Dina hat mit der Alcaldia, der Stadtverwaltung, soviel um die Grundstuecke etc kaempfen muessen, dass sie schwer krank geworden ist. Eineinhalb Jahre konnte sie nichts tun, eine Niere haben sie ihr rausoperiert. Sie waere fast gestorben. Aber voellig unerwarter ist sie wieder gesundet. Dina sagt:”eigentlich war das die schoenste Zeit meines Lebens, ich habe die ganze Zeit gebetet und bin mir so geborgen vorgekommen, Christus war so nahe. Ich bin nur dazu wieder gesund geworden, um noch weiter zu kaempfen fuer die Armen Menschen.” Von dort her kommt ihre Kraft und Ausdauer, die mich als gesunden 24 jaehrigen staunen laesst.

Aus Holzhuette mit Plastikplane wird ein Palast

Wir begannen mit einem Nachmittag woechentlich um die kranken abuelitos (Grosselterchen, die Bolivianer lieben Koseformen, es gibt keine Wortgattung, die nicht verniedlicht wird, oft unuebersetzbar) zu besuchen. Die Geige oder Gitarre umgeschnallt, die Bibel in einer kleinen Umhaengetasche brachten wir Trost, Rat und neue Hoffnung. Andres und ich haben einmal bei dem alten, kranken Don Calixto einen Wortgottesdienst gefeiert mit Geige, Gitarre und Floete. Die aermlichste Holzhuetten verwandelte sich in einen Palast mit Geigenmusik, Gebet und Gesang, da hab ich gespuert, ja das ist die Kirche. Das trostloseste, bitterste wird in etwas gutes, schoenes verwandelt. Ich hab an die Propheten und ihre grossen Verheissungen denken muessen. Immer schon waren die schoenen Kirchengebaeude die einzigen Palaeste zu denen alle Menschen zutritt hatten, ich glaube aus diesem Grund lieben es besonders die armen Menschen die Kirchen schoen zu schmuecken. Und zu denen, die nicht mehr in die Kirche kommen koennen, zu denen bringen wir sie.

In den folgenden Monaten begannen Dina und ich mehr und mehr die Leute zu besuchen, und nun sind wir wenn irgendwie moeglich jeden Tag unterwegs. Dass sind oft sehr starke und beruhrende Begegnungen, fuer die ich sehr dankbar bin. Ich lerne die Menschen und ihr leben gut kennen, aber wir bleiben nicht nur interessierte Beobachter, wir koennen ihnen helfen. Wir machen Plaene mit ihnen wie es weitergehen kann, und zeigen ihnen, dass nicht alles auswegslos ist. Es wird schon deutlich: wir haben zwei grosse Aufgaben, die man nicht voneinander trennen kann. Den Glauben (auf)wecken und vertiefen und materiel, caritativ helfen.
Wie auch in Europa ist das groesste Problem das fehlen funktionierender Familien, aber hier auf eine andere Art. Einer der ersten und vielleicht der schoenste Eindruck wenn man nach Bolivien kommt, sind die vielen vielen Kinder. Nur leben die meisten nicht mit ihren Vater, manchmal auch nicht mit der Mutter. Es gibt sehr wenige Ehen und fast keine Frau hat Kinder von nur einem Mann. Viel zu jung bekommen die meisten Frauen ihr erstes Kind, werden verlassen, suchen sich wo anders die ersehnte Zuneigung oder Hilfe, und das gleiche passiert noch einmal. Diejenigen die zusammenleben, sehen sich meistens nur einmal im Monat, den der Grossteil der aermeren Vaeter arbeiten in der Holzwirtschaft, weit weg im Wald, und viele Frauen werden koerperlich misshandelt, geschlagen und auch die Sexualitaet ist nichts schoens in solchen Beziehungen, oft nicht freiwillig. Viele Familien haben kein eigenes Haus, und leben in der staendigen Unsicherheit ihre Huette verlassen zu muessen. Die Menschen hier werden nicht verhungern, dazu ist die Natur zu ueppig und fast alle Leute produzieren etwas zum verkaufen, Brot oder Tamales (eine Art Maisbrei in den Blaettern eingewickelt gekocht). Wird allerdings jemand krank, oder verletzt sich, dann wird es schwer. Geld fuer Behandlungen haben die wenigsten. Das sind die grossen Themen, um die es sich meistens dreht. Damit zu helfen, immer vom Evangelium aus gesehen, dass ist unsere Aufgabe

Ein Zweijahriger (Ver)Kaeufer

William, fast stumm, der auf der Baustelle helfen wird
Wie so ein Besuch aussehen kann am Beispiel eines Besuches letzte Woche.
Dina und ich gehen eines Vormittags durch das Barrio Santa Rosita. Dina kennt fast alle Familien und fuehrt uns ans Ziel. An dem schiefen Holzzaun mit Stacheldraht bleiben wir stehen, Dina ruft (typisch bolivianisch um herauszufinden ob jemand zuhause ist) mit weinerlich fragender Stimme “Señora”, und die hochschwangere vielleicht 30 jaehrige Juana macht uns auf. Dina ist Juana gut bekannt, und den Hermanito (Koseform von Hermano, Bruder, so nennen mich die Leute hier, oder Padrecito, von Padre, Priester. Wenn, man sie ausbessert hoert man oft: “fuer uns bist du aber ein padrecito”, man merkt, wie sehr sich die Leute nach geistlicher Fuehrung sehnen) haben sie auch schon gesehen, und so setzen wir uns auf wild zusammengenagelte Hocker in den Schatten eines kleinen Baumes.


Ich stelle mich kurz vor, in der Zwischenzeit kommen die Familienangehoerigen zusammen. Fuenf Kinder zwischen 2 und 7 und ihr Onkel mit seiner Señora. Um den Onkel dreht sich auch das erste Gespraech. Er ist von Geburt an fast stumm und leicht koerperlich behindert. Er hat geweinte, denn die Muchachos, das sind die jugendlichen, halbstarken Burschen, die auf der Strasse rumlungern, hetzen Hunde auf ihn wenn er auf die Strasse geht und auch so spielen sie ein sehr boeses Spiel mit ihm, noch dazu findet erkeine Arbeit und kann so seine Familie nicht unterstuetzen In der Zwischenzeit zupft ihr zweijaehriger Sohn an ihrem Rock. Er hat noch nichts gefruehstueck und hat soviel Hunger. Sie gibt ihm einen Boliviano, und wirklich, der Knirps zieht los und kauft sich sein eigenes Brot. “Das ist ja noch gar nichts” sagt sie als sie meine Verwunderung merkt, “Vorgestern hat er die Sirene des Altmetallhaendlers gehoert, er war allein zuhause, da hat er sich den Sack mit Dosen geschnappt und ist auf die Strasse raus um sie ihm zu verkaufen”. Ein zweijaehriger, der wegen seines Hungers Dosen verkauft und Brot einkauft, beeindrucken und sehr erschreckend.
Dann erzaehlt sie weiter. Ihr neuntes Kind wird bald auf die Welt kommen, ihr jetztiger Mann ist der Vater der letzten vier. Er kommt aber erst in zwei Wochen wieder (bei unserem naechsten Besuch eine Woche spaeter hat sie schon ein Neugeborenes im Arm, auf die Welt gekommen in einer Einzimmerholzhuette in der 10 Menschen leben).
Dina und ich haben derweil einen Entschluss gefasst. Durch einen Spendenaufruf haben wir genug Geld zusammenbekommen um fuer 4 Familien ohne Heim ein Haus zu bauen. Auf einer Baustelle werden wir den Stummen Onkel als Hilfsarbeiter anstellen, und so ist fuer mehrere Wochen ein einen guter Verdienst sicher, und zumindest fuer einige Zeit sind die Sorgen weniger. Noch eine halbe Stunde reden wir und lernen einiges ueber die Familie. Auch wir erzaehlen vieles. Dina, die selber sovieles durchgemacht hat, erzaehlt wie sehr ihr das Vertrauen auf Christus Hoffnung gegeben hat wie sie schon zum sterben bereit war. Ich erzaehle ihnen die Geschichte des heiligen Sklavenmaedchens Josefa Bakhita, von der Benedikt XVI in seiner letzten Enzyklika ueber die Hoffnung erzaehlt.

Die ganze Zeit schon schauen die Kinder ineressiert auf den Gitarrrensack, endlich nehme ich sie heraus, und spiele ihnen Johnny Cash´s “Folsom Prison” in einer sehr rockigen Version vor. Das gefaellt ihnen. Gemeinsam singen wir dann eine Reihe von Kirchenliedern die alle kennen. Dann lesen wir eine Lesung aus dem Evangelium. Diesmal lesen wir die wichtige Stelle aus Mathaeus 6: “Seht die Voegel des Himmels...”. Dann spielt der fast stumme Onkel sehr beruehrend auf seiner Floete. Wir sprechen einige Bitten und Danksagungen, beten ein Vaterunser und ein Ave Maria und dann geht es weiter.
Das schoenste an den Besuchen ist die Offenheit der Menschen. Sie nehmen uns auf, erzaehlen uns, hoeren zu, und das allerschoenste: das Wort Gottes hat fuer sie Autoritaet, sie nehmen die Bibel ernst und nehmen sie liebevoll auf.

Katechesen unter den verschiedensten Umstaenden sind ein weiterer wichtiger Teil meines Voluntariats. Oft ist es die Vorbereitung auf die Erstkommunion im Campo, oder ein Kurs fuer die Lideres Religiosas, die die Wortgottesdienste im Campo halten und die kleinen Gemeinden leiten. Getauft und glaeubig sind hier die meisten Menschen, was fehlt ist Glaubenswissen um den Glauben zu festigen. Auf unseren Besuchen bei den Familien haben wir auch gemerkt, wieviele Familien keine Bibel haben. So haben wir Bibelkurse in den Barrios begonnen. Durch Spenden aus Oesterreich konnten wir den treuen Teilnehmern auch schon eine Bibel schenken. Die Bibel zu kennen ist ueber dies der beste Schutz gegen die Halbwahrheiten und Verdrehungen die hier oft von verschiedenen Evangelikalen Christen verbreitet werden. Kennt man das Ganze, kann ein herausgepickter Vers nicht mehr so erschrecken.

Weihwasserkatechese beim Rasenmaehen

Eine kleines Erlebnis beschreibt gut einige der Probleme, mit denen wir uns in der Pastoral und der Verkuendigung herumschlagen muessen, aber auch wie leicht oft die Loesung ist.
Ich war gerade dabei den Rasen zu maehen, auch solche arbeiten sind ein wichtiger Teil des lebens im Konvent San Franciso, als mich eine vielleicht 40 Jaehrige Frau zu sich winkte. Uebrigens mit einer Handbewegung von oben nach unten, was bei uns ducken heissen wuerde. Unsere Handbewegung fuer “Komm her!” bedeutet hier “Iss ess!”, was bei den Ministranten zu beginn zu grosser Verwirrung (“Warum wolltest du, dass wir waerend der Messe was essen?”) und bei mir fuer Verzweiflung gesorgt hat (“Bitte begleitet doch einfach das Evangelium mit den Kerzen, kommt doch her, warum schaut ihr nur verwundert und tut nichts, bitte…”). “Warum hat sie den 3 grosse Plastikflaschen unter dem Arm?” wunderte ich mich. “Hermanito, ich brauche unbedingt 6 Liter Weihwasser, unbedingt!”-“Warum bitte brauchen sie so viel Weihwasser, ein bischen was haben wir noch da aber…”- “Nein, ich darf nur Weihwasser trinken und nichts anderes, ich bin so krank und weis nicht was es ist, der Wunderheiler hat mir das aufgetragen. Ich lebe im Campo darum brauch ich soviele.” Ich war ein bischen verdutzt, und begann ihr zu erklaeren was Jesus nach sovielen Heilungen sagt: “Liebe Señora, in der Bibel, da sagt Jesus zu den geheilten meistens >>Dein Glaube hat dich geheilt<<, sie brauchen nicht Weihwasser trinken (besonders wo das Weihwasser hier voll von Zuckmueckenlarven und aehnlichem ist). Trinken sie sauberes Wasser, sprechen sie selber ein Gebet und bitten sie um Gottes Segen”-“Hermanito, sie meinen, Ich muss nicht Weihwasser trinken? Da spar ich mir ja das ganze Flaschenschleppen. Danke”. Dass war eine denkbar kurze Katechese, hat aber zumindest ein bischen geholfen. So schoen und einfach kann man hier manchmal seine Aufgabe erfuellen, und “seine Brueder staerken” (Lk 22,32).
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So verbleibe ich bis zum naechsten mal und wuensche euch Gottes reichen Segen
Euer
Ruben Weyringer

Spendenkonto:
Kontonummer: 3207222
BLZ: 34400
Raiffeisenb. Ottnan-Wolfsegg BST. Ottnang
Empfaenger: Bruder Andreas Missionsarbeit Bolivien
Kennwort: Casa Doña Virginia

Newsletter nachzulesen auf: http://ofmbolivien.blogspot.com

Donnerstag, 6. März 2008

Fotos Newsletter 8


Newsletter 8: Candelaria:Ein Dorf hat Angst...und versoehnt sich

Liebe Freunde, liebe Bekannte;
Jetzt wirds richtig spannend, vielleicht auch ein bischen unheimlich. Wer ist der Jichi (sprich I-Tschi)? Wer die junge Frau im Brautkleid die aus dem Jenseits kommt um zu Fernsehen.
Bevor wir diese und andere Fragen Beantworten, zwei wichtige Anmerkungen:

1.Mir ist gesagt worden, das es mit dem IBAN und BIC (fuer ueberweisungen innerhalb der EU) fuer die Spenden a favor de Doña Virginia Probleme gegeben hat. Darum schicke ich euch die Kontonummer und Bankleitzahl fuer die Ueberweisungen innerhalb Oesterreichs.

Kontonummer: 3207222
BLZ: 34400
Raiffeisenb. Ottnan-Wolfsegg BST. Ottnang
Empfaenger: Bruder Andreas Missionsarbeit Bolivien
Kennwort: Casa Cona Virginia

Etwa 250 Euro haben mich schon erreicht, darunter eine grosse Spende fuer ”Zwei Fenster und drei Tueren” fuer die ich mich von ganzem Herzen bedanke. Jetzt fehlen noch Mauern, Boden und Dach um den “Zwei Fenstern und drei Tueren” auch ein schoenes Ambiente bzw. Arbeitsplatz zu geben. Ich bitte um eure Hilfe fuer Doña Virginia, ihren Eltern und ihren 5 Kindern.
Fuer die an Patenschaften interessierten: Schreibt mir bitte ein email.

2. Dieses mail ist ein bischen laenger. Der Newsletter 6 “Wo die wilden Aymara wohnen” endet ja mit dem 15 Dezember. Das war vor 2 ½ Monaten, am 29.2. aber sind es genau 5 Monate seit meiner Ankunft in Santa Cruz, und auch Halbzeit fuer mich in der San Ignacio. Da gibt es viel zu erzaehlen..aber…von den fuenf vorgenommenen Themen konnte ich wieder nur eines behandeln. Ich hab ja aber noch 5 Monate Zeit
Druckt euch das mail und lest es vetrteilt auf mehrere Tage! Um es euch leichter zu machen, hab ich das mail in Zehn Kapitel unterteilt.
Vamos….

I.¡Abrennos (Macht uns auf)!

Der letzte Sonntag, 3. Sonntag der Fastenzeit, war schoen, lang und anstrengend. 3 Messen, Kranken- und Gefaengnissbesuch mit Padre Jesus, 2 Stunden Kreuzweg nach Santa Maria del Camino.
Als der Kreuzweg begann war es noch heiss, unter aufgespannten Schirmen suchten die Glaeubigen schutz, ohne Schirm aber war der Kreuzweg unseres Herrn ein wenig besser vorstellbar und mitzuvollziehen. Dann schlug das Wetter um. Schwarze Wolken am Horizont, seltsam gelber Himmel ueber uns. Am Rueckweg zieht zwei Quadras (Strassenblocks) neben uns ein heftiger Guss vorbei, wie langes Haar von den Wolken herab faellt der Regen. Wind, Regen, herbstliches Wetter (und wirklich, hier ist jetzt Herbst).
Nach der Abendmesse gemeinsames Abendessen, warmer, gemuetlicher Comedor (Speisesaal), draussen immer noch trueb und unwirtlich
Wir machten schon plaene, wie man wohl besonders effektiv enspannen koennte nach dem Essen: Ein wenig Oscarverleihung im Fernsehen, “dazu eine kleine Cervecita” denkt Padre Abelino und will es gerade aussprechen, “Y una Cerve…”
Da schlaegt jemand mit der Faust auf das Tor zwischen Konvent und Pfarrkomplex, man hoert es rufen. “Abren nos la puert, por favor….bitte macht uns auf, bitte”. Wenn man gebraucht wird, dann spuert man es. Andres geht nachschauen, wir restlichen, Padre Jesus, Hermano Gerardo, Padre Abelino und Ich (gereiht nach Alter) bleiben gespannt zurueck; ich noch sehr (positiv) eingenommen von einem Pan Frances (Franz. Brot,kleine Baguettes, die Spanier haben fuer die meisten Dinge sehr unmissverstaendliche Namen) mit einer Marmelade die uns die Schwestern Klarissinnen gemacht haben.
Die Tuer geht auf, ein Windstoss fahert in den Comedor und traegt mit sich ein wenig Nieselregen. Padres Andres: “Einer von uns muss nach Candelaria, die Leute haben Angst, sie haben sich betend in der Kirche versammelt, ¿wer faehrt?”.
Padre Abelino, ein 38 jaehrige bolivianische Priester aus Urubichá mit adrettem Kadettenhaarschnitt und ein junger Auslaender, im vergleich zu den Einheimischen mit Haut, weiss wie Schnee (wenn der ende Maerz, kurz vor der Schneeschmelze nicht mehr ganz weiss ist), sind wenige Minuten spaeter auf dem “Weg”, oder ¿ist es ein trockenes Flussbett?, so unterspuelt ist der Weg, so tief die Furchen.

II:Candelaria feiert

Candelaria. Ja, diese Comunidad im ostboliviansichen Tiefland kannte ich schon. Etwa 400 Seelen, umgeben von endlosem und undurchdringlichem Wald, benannt nach Maria Lichtmess, Festtag (“Patrozinium”) 2.Februar. Das war ein Fest gewesen. Am Vorabend, der sogenannten Serenata, 4 Hochzeiten und viele Taufen., nach der Festmesse Musik und Tanz. Am naechsten Tag Erstkommunion und Firmung. Ein Jahr hatten sich die Kinder vorbereitet, jede Woche Katechesen mit dem Lider Religioso, dem Religioesem Fuehrer der Gemeinde, einmal im Monat Katechese mit einem der Hermanos vom Konvent San Francisco (diese Katechesen sind auch eine meiner liebsten Aufgaben).
Der vor zwanzig Jahren in San Ignacio zum Bischof geweihte Deutsche Moñsenor Carlos Estetter war verhindert. Ein neues Gebiss hatte er gebraucht und konnte noch nicht sprechen. So war Padre Abelino beauftragt worden zu Firmen, den Heiligen Geist herabzurufen, zu salben und den neu gefirmten, vom Espiritu Santo besiegelten, mehr oder weniger sanft, je nachdem wie kraftvoll das zustimmende Amen war, auf die Wange zu schlagen. Und was fuer ein Festessen wurde uns dann serviert.
Nicht einmal ein Monat spaeter waren wir also wieder unterwegs nach Candelaria, , in einer dunklen Nacht mit konstantem Nieselrregen und Wind. Eulen und Nachschwalben wurden von uns aufgeschreckt, zweimal blieben wir beinahe auf dem aufgweichten, schlammigen Weg liegen. Aber nicht der Weg war das Ziel, nein, wir mussten ankommen und unserer Gemeinde beistehen. Und da sahen wir schon das daemrige Licht der Kirche, das einzige Licht im ansonsten voellig dunklem Candelaria.