Pastorale Abenteur in Bolivien- Rupertusblatt Artikel

Eine Gute Zusammenfassung unserer Arbeit in Bolivien in der Salzburger Kirchenzeitung Rupertusblatt: Pastorale Abenteur in Bolivien: Wie soll ich mein Kind gut ernähren

Donnerstag, 17. Juli 2008

Geteiltes B(r)ett ist halb so hart

Am naechsten Tag, nach dem Begraebniss von Doña Maria, war ich bereit fuer ein weiteres Abenteur. Ich habe ja schon einiges gesehen und viele arme Familien besucht. Aber wie ist es wirklich in einer kleinen Holzhuette mit blauer Plastikplane ueberdeckt, zusammen mit 10 anderen zu schlafen? “Dina, ich moechte so gerne einmal bei den Menschen in ihren Huetten schlafen, wenn ich das nicht kennenlerne, dann weis ich ja nie wie es ihnen wirklich geht und werde sie nie verstehen koennen.”-“Dann machen wir es einfach, besuchen wir am Abend ein paar Familien, und dann wenn es schon spaet ist bitten wir um Herberge (“Posada”, das ist das Wort fuer die Herbergssuche von Jose und Maria)”. Sprachs und schon waren wir des Nachts unterwegs, Dina mit Haube und Poncho, weil der Sur so kalte Luft gebracht hatte. Zuerst besuchten wir Goldi und ihre Familie, gute Freunde und tapfere mitstreiter fuer Familias Unidas con Cristo. In drei Betten verteilt Goldi und ihre 7 Kinder. Wenn es kalt ist, legen sich die Leute bald zum schlafen nieder. Schoen gemuetlich wars in Goldis Adobehutte, von den vielen Kindern gut aufgewaermt. Hier lies sichs ganz gut schlafen, dachte ich mir.
Doch noch war unser Ziel nicht erreicht.

Juanito und Ruben teilen sich Schlafgelegenheit


in der frueh kommt die kleine Andrea dazu

Das hintereste Haus in San Antonio war unsere Destination, 22 Uhr war es schon.Die Holzhuette mit Plastikplanendach von Juana Putare, sie selbst wusste noch nichts davon. Strom und Wasser gibts dort noch nicht, die Huette selbst unter Tags schoen lichtdurchflutet, aber nicht etwa wegen vieler schoener Fenster, Nein, die grossen Ritzen und Loecher in den alten Holzplanken sorgen fuer die Beleuchtung. Vor fuenf Jahren hat sich Juana endlich getrennt von dem Vater ihrer Acht Kinder, nachdem er sie Jahre lang misshandelt hatte und mehr und mehr dem Alkohol verfiel. Sechs Kinder leben noch mit ihr. Bett und Matraze haben sie nur eines, dort schlaeft Juana mit zwei, manchmal drei Kindern, die anderen schlafen auf einem mit Karton ueberdeckten Brett, von Ziegelsteinen ein bischen erhoeht. Stockdunkel, nicht eine Kerze. “Doña Juana” rief die liebe Dina, und nach kurzer Stille begann es sich ein bischen zu regen in der Huette.
und schliesslich noch Goldis Zwillinge

Goldis Zwillinge besuchen uns und bestaunen Gringo

Wir baten um Herberge und sie wurde uns gewaehrt. Eine kleine Kerze wurde angezuendet, und wir setzten uns in die gut durchlueftete Huette. Die Kinder wachten gar nicht auf. So redeten wir eine halbe Stunde, dann kam Jorge, 16 Jahre, heim von seiner Arbeit als Kleinebrotlaibchenformer. Dina war schon muede, und so begleitete er sie nach hause.
San Antonia kann recht gefaehrlich sein in der Nacht. Letzte Woche haben sie Dina einmal des Nachts gerufen, weil eine Gruppe junger halbstarker Burschen ein voellig betrunkenes Maedchen aus dem Campo vergewaltigten. Als sie ankame mit ihrem Mann Carlos, hatten einige Frauen mit schweren Holzpfosten die halbstarken schon vertrieben…nur um dann mit einer Gefaengnissstrafe bedroht zu werden, weil sie ja Gewalt anwendeten. Das ist bolivianische Justiz.
Im Nebenbett ist Rosa Maria aufgewacht
So war ich nun alleine mit Juana und ihren 5 schlafenden Kindern, wir redeten noch laenger. Denn selben Tag haben die Arbeiten am Fundament des Hauses begonnen, dass wir ihr mit euren Spenden bauen koennen. “Die Kinder sind so froehlich und gluecklich, besonders die groesseren machen sich schon nicht mehr soviele Sorgen, weil wir jetzt bald ein richtiges Haus haben” sagte sie mir. Dann schlief ich ruhig in meinem Kapuzensweater und einer Fleecejacke, in einem kleinen Schlafsack unter einem als Moskitonetz auf gespannten Leintuch ein. Mein B(r)ett teilte ich mir Juanito, 10.
Schoen war es die Kinder atmen zu hoeren, Wind ging keiner mehr, dafuer hoerte man ein paar Tiere aus dem Monte (Wald). Viele Jahre habe ich mir mein Zimmer mit meinem grossen Bruder geteilt, jetzt spuerte ich erst wie sehr ich dass vermisse, was fuer eine Geborgenheit und Sicherheit einem die naehe guter Menschen gibt. Ich hatte gedacht, ich wuerde leiden diese Nacht, kaelte und haerte und bittere Armut. Aber so gut geschlafen habe ich lange nicht. Die Armut will ich nicht runterspielen, dafuer hat sich fuer mich unser “Konfort” relativier, der vielen Menschen nichts als Einsamkeit bringt.



Am naechsten Morgen wurde ich geweckt, als sich die kleine Andrea zu uns unter das aufgespannte Leintuch legte, sie schmiegte sich an ihren ein bischen aelteren Bruder, dann kamen die kleinen Zwillinge von Goldi. Jeden morgen um sechs sind sie schon da um mit den anderen Kindern zu spielen. Was fuer aufgeweckte Kinder, ohne Angst, mit viel Freiheit. Juana musste zur Arbeit. Ich und die Kinder sprachen ein Morgengebet und dann sangen wir viele Lieder, spielten Murmeln, suchten die richtigen Pflanzen um einen neuen Besen zu machen, schossen mit der Steinschleuder auf unbewegliche Ziele, obwohl sie mit ihren Fertigkeiten auch Libellen traefen. Dann war das Fruehstueck fertig, Tee, Milch, Brot und Kuerbis. Ich war gluecklich.
Eines merke ich immer deutlicher: Man bekommt viel mehr zurueck als man geben kann. Man bringt ein kleines Opfer und bekommt dafuer fuer einen Moment grosses inneres Glueck geschenkt. Fuer diese Nacht und diesen Morgen bin ich sehr dankbar.

Keine Kommentare: